Eröffnungs-Statement – Wilhelm Krautwaschl

Diözesanbischof Dr. Wilhelm Krautwaschl, Graz-Seckau
Grußwort zur Eröffnung des Pfingstdialogs auf Schloss Seggau am 31. Mai 2017

Herzlich begrüße ich Sie beim diesjährigen Pfinstdialog „Geist&Gegenwart“ hier auf Schloss Seggau. Dieses Haus ist seit der Gründung unserer Diözese, die im kommenden Jahr 800 Jahre alt wird, ein „Lebensnerv“ unserer Diözese. Der ehemalige Wohnsitz der steirischen Bischöfe befindet sich an einem Kreuzungspunkt zwischen romanischer, slawischer, deutscher und ungarischer Kultur. Die wechselvolle Geschichte unserer Diözese inmitten einer sich vielfach verändernden Welt wird auch durch die Architektur und besonders durch das Programm hier anschaulich gemacht und reflektiert.
Seit dem Wendejahr 1989 geben internationale Kongresse und Tagungen Schloss Seggau immer mehr ein europäisches Profil und einen über Europa hinausreichenden Horizont. Dies besonders durch die „International Summer School“, bei der heuer zum 12. Mal Dutzende Studierende aus mehr als 30 Ländern nach Seggau kommen werden und auch durch die „Seggauer Gespräche zu Staat und Kirche“, die alle zwei Jahre Fragen im Spannungsfeld von Kirche und Staat thematisieren.
Der Pfingstdialog „Geist&Gegenwart“ fragt alle zwei Jahre nach tragenden Wurzeln und Perspektiven für die Kreuzungspunkte unserer zunehmend durch Populismus, Extremismus und Resignation herausgeforderten demokratischen Gesellschaft. Der geplante Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union, die Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland und zumal in Österreich und in den Vereinigten Staaten von Amerika geben uns als wachen Bürgern und Christen viel zu denken.
Es war daher beinahe providentiell, dass bereits vor der Wahl des amtierenden US-Präsidenten als Leitwort für das Pfingstgespräch „Europe.USA.3.0 – Werte.Interessen.
Perspektiven“ ausgewählt wurde. Als Kirche ist es nicht unsere Aufgabe, tagespolitische Fragen zu kommentieren oder konkrete wirtschafts- und gesellschafts- oder bildungspolitische Maßnahmen zu fordern bzw. zu kommentieren. Das ist Aufgabe des demokratischen Prozesses und der verschiedenen Expert/innen in der Zivilgesellschaft. Diese verfügen auch über das nötige Detailwissen, um einzelne Maßnahmen möglichst ideologiefrei evaluieren zu können.
Vielmehr ist es als Kirche unsere Aufgabe, das Ganze des Menschen und seiner Welt im Blick zu haben und inspiriert vom Evangelium grundlegende Prinzipien in den gesellschaftlichen Diskurs einzubringen und dafür aktiv zu werben. Wesentlich gehört dazu das Bemühen um die Relativierung von zumal durch Egoismen und Kurzsichtigkeit verstärkte Konfliktlinien im Blick auf das Ganze und die Humanität der Gesellschaft. Papst Franziskus sagt dazu: „Der Konflikt darf nicht ignoriert oder beschönigt werden. Man muss sich ihm stellen. Aber wenn wir uns in ihn verstricken, verlieren wir die Perspektive, unsere Horizonte werden kleiner, und die Wirklichkeit selbst zerbröckelt. Wenn wir im Auf und Ab der Konflikte verharren, verlieren wir den Sinn für die tiefe Einheit der Wirklichkeit“ (Evangelii Gaudium, 226).

So verstehe ich die Kritik einiger US-Bischöfe an dem geplanten Haushalt 2018 mit hohen Verteidigungsausgaben und Kürzungen im Sozial- und Gesundheitsbereich, v. a für die ärmeren Schichten1. Ebenso verstehe ich auch die Kritik der amerikanischen Bischofskonferenz unter Vorsitz von Kardinal Daniel Nicholas DiNardo2 am Dekret zur Religionsfreiheit von Präsident Trump, das am 4. Mai im Weißen Haus präsentiert wurde.3 Und, so verstehe ich auch Papst Franziskus beim Empfang von Präsident Trump letzte Woche im Vatikan. Der Papst überreichte als Gastgeschenke die Umweltenzyklika „Laudato Si“ und die signierte Botschaft zum Weltfriedenstag 2017. Zudem noch ein Medaillon, welches auseinanderbrechende Teile zeigt, die durch einen Ölbaum in der Mitte zusammengehalten werden. „Ich hoffe, Sie sind dieser Ölbaum, um Frieden zu schaffen“, sagte Franziskus, und Trump antwortete: „Frieden können wir gebrauchen.“ Schon an der Tür, fügt er noch hinzu: „Ich werde nicht vergessen, was Sie gesagt haben.“ Und der Papst entgegnet auf Spanisch: „Buena suerte“ – viel Glück, so wird berichtet.4

Ich freue mich auf das differenzierte Programm der kommenden Tage und hoffe, dass auch vom Pfingstdialog in diesem Jahr viele interdisziplinäre Impulse und sozusagen viel „Geist“ ausgehen, und: ich wünsche allen Teilnehmenden „Buena suerte“.